Promis, Beautiful People und allfällige Adabeis zur Eröffnung, Schlangen und Gedränge beim Booksigning: Die aus Rotterdam übernommene Peter Lindbergh-Show sorgt bei den Münchnern für Schnappatmung – passend zu den Auslagen der Luxus-Label in der Nachbarschaft der Kunsthalle. Gut, dass es am Karfreitag deutlich ruhiger in der Ausstellung zugeht (vielleicht ist Kunstfasten angesagt).
Starfotograf Lindbergh IST der Erfinder der Supermodels der Neunziger – deren Fotos in der Schau dann auch in riesigen Abzügen als Ikonen ihrer Zeit weit über das ursprüngliche Cover- oder Modestrecken-Format hinaus monumentalisiert werden. Überhaupt ist Inszenierung nicht alles, aber vieles in dieser Ausstellung: Polaroids, Kontaktbögen, Notizen und Aufzeichnungen werden in einer Atelier- bzw. Archivsituation in Stahlregalen präsentiert, mit schummrigem Rotlicht und Leinen voller Bilder wird Dunkelkammer-Flair simuliert. Das ist hübsch, aber nicht unbedingt notwendig: Lindberghs Bilder sind und bleiben weit über ihre Zeit hinaus exquisite Exempel angewandter, professioneller Fotografie, die weit mehr können als interessante Gesichter und großartige Mode inszenieren – nämlich Geschichten erzählen.
Dass er, gerade wenn er sich treu bleibt, seiner Zeit voraus ist und ein wichtiges medienkritisches Statement setzt, beweist der Meister der natürlichen Schönheit nicht zuletzt mit seiner Arbeit für den aktuellen Pirelli-Kalender: Im Zeitalter x-fach bearbeiteter, der Like-Hurerei sozialer Netzwerke unterworfener Fotografie feiert er die (nahezu) ungeschönte Eleganz und Sinnlichkeit reiferer Frauen.
In einem Interview erklärte Lindbergh 2014: „Darin sollte heute die Verantwortung der Fotografen liegen: Frauen und letztlich jedermann vom Terror des Jugend- und Perfektionswahns zu erlösen.“ Möge er gehört werden!
Kleiner Tipp für Besucher: Sehr hübsche Bilder macht übrigens auch der Fotoautomat am Ende der Ausstellung – auch von Nicht-Supermodels 😉
PETER LINDBERGH / FROM FASHION TO REALITY
Bis 27. August 2017